Testbericht: Acht handgemachte Fuzzpedale aus Finnland

Hier ein Demosong mit acht handgemachten finnischen Fuzzpedalen.
EIKO Electric Sound – Harvest Drive
EIKO Electric Sound – Supa Jen
HÄH Audio – Beacon Fuzz
HÄH Audio – Anti-Fuzz Ukraine Edition
OTSOLA – Mark I
OTSOLA – OP.3
LAUNDROMAT – Z-Bird
LAUNDROMAT – Thunderbird Mark I
• Gitarre – Fender Japan 60s Stratocaster
• Gitarrenverstärker – Bluetone Black Prince Reverb
• Bass – Höfner 500/1 Beatle Bass
• Bassverstärker – Bluetone Bass 200
• Mikrofon – Shure SM7B
• Mikrofonverstärker – Cranborne Audio Camden EC2

Die meisten Klassiker-Fuzzpedale aus den 1960ern verbauen eine erstaunlich kleine Anzahl von elektronischen Komponenten – ein paar Transistoren, einige Widerstände und noch ein paar Kondensatoren. Man kann heutzutage einige in Massenproduktion hergestellte Fuzzeffekte schon für deutlich weniger als 100 Euro kaufen. Warum also geben einige Klangästhetiker hunderte von Euro für Boutiquepedale aus?

Der Preisunterschied beruht auf mehreren Dingen:

Massengefertigte Pedale werden mit massengefertigten Platinen hergestellt, bei denen die Verbindungen zwischen den Komponenten schon fertig in die Platine eingebaut sind. Bei der Mehrzahl solcher Pedale wird die Platine entweder komplett, oder zumindest teilweise, vom Roboter mit den Komponenten bestückt. Zumeist sind auch die Lötarbeiten komplett automatisiert. Der ganze Prozessablauf ist so schnell und preisgünstig, dass auch die eine oder andere defekte Platine, die in der Qualitätskontrolle ausgemustert wird, nicht wirklich ins Geld geht.

Auch die Auswahl der einzelnen Bauteile wird nach preislichen Gesichtspunkten durchgeführt – die Qualität und die Toleranzen jedes einzelnen Bauteils sind hier eher zweitrangig.

Ein echtes Boutique-Pedal wird in Handarbeit gefertigt. Jedes einzelne Bauteil wird sorgfältig ausgesucht, und oftmals auch elektronisch geprüft und gemessen. Die Komponenten werden entweder direkt miteinander verlötet – der Engländer nennt so etwas Point-to-Point – oder auf gelochten Platinen verbaut. Wenn vorverdrahtete Platinen zum Einsatz kommen, sind diese qualitativ hochwertige, speziell für den jeweiligen Hersteller gefertigte Leiterplatten. Hier steht also eindeutig die Qualität vor dem Preis.

Einige kleinere Hersteller benutzen sogar eigene Gehäuse für ihre Fuzzpedale. Das Finish ist auf jeden Fall Handarbeit. Auch das spielt sich natürlich im Preis wider.

Im letzten Schluss bezahlt man bei Boutique-Pedalen auch für die Erfahrung, die der Hersteller in seine Schöpfungen einfließen lässt. Er (oder sie) weiß, mit welchen Komponenten und mit welchen Einstellungen man aus dem Fuzz den „besten Sound“ heraus kitzelt.

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Der EIKO Harvest Drive V2 (349 €) ist ein besonderes Fuzzpedal, denn es ist ein milder Fuzz. Die Begriffe „mild“ und „Fuzz“ tauchen selten nebeneinander im selben Satz auf, aber der Harvest Drive bleibt für sich alleine genommen – abhängig von der benutzen Gitarre – eher im Overdrive-Bereich.

Beim Harvest Drive handelt es sich um einen Hybrid-Fuzz, d. h. es mischt einen Germanium-Transistor (OC141) mit einem Silikon-Transistor (BC107B). Der Effekt bietet drei Regler – Gain (Stärke der Verzerrung), Filter (also Klang) und Level (Ausgangslautstärke).

Der Clue hinter dem Harvest Drive ist, dass man das Pedal mit einem Overdrive-Pedal oder einer Distortion-Zerre so kombinieren kann, dass der Harvest Drive dem Klang einen ordentliche Schuss Fuzz-artigen Rotz beimischt. Diese Idee ist ungewöhnlich, funktioniert aber im Gebrauch sehr gut!

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Das klangliche Vorbild des EIKO Supa Jen (389 €) ist der legendäre Marshall SupaFuzz, der seinerseits eine Weiterentwicklung den Tone Bender Mk II Pedals war. Das Supa Jen basiert auf drei Silikon-Transistoren vom Typ SFT3XX, die dafür sorgen, das der Sound ordentlich fett, gesättigt und komprimiert rüber kommt.

Dieses EIKO-Pedal hat ein besonderes As im Ärmel; im Inneren des Pedals befindet sich ein kleiner Kippschalter, mit Hilfe dessen man wählen kann, ob das Supa Jen im Bass authentisch dünner, oder modern fetter, klingen soll.

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Häh Audios Anti-Fuzz Ukraine Edition (180 €) kombiniert ein cooles Fuzzpedal mit der Möglichkeit, die UN-Organisation UN Women in der Ukraine zu unterstützen. Vom Verkaufspreises des Fuzzpedals gehen nämlich ganze 100 Euro (!) an UN Women. Eine tolle Idee, wie ich finde.

Der Häh Anti-Fuzz orientiert sich am Tone Bender 1.5, aber hier steckt hinter dem Sound eine Hybridschaltung mit einem Silikon-Transistor (BC161) und einem NOS Germanium-Transistor (AC128).

Das Anti-Fuzz ist ein äußerst geradliniges Effektpedal – ein kompaktes Gehäuse und zwei Regler (Fuzz und Level), mehr braucht man hier nicht.

In Punkto Zerrsound ist das Häh Anti-Fuzz ein totaler Volltreffer. Klanglich liegt der Effekt zwischen dem kantig-zickigen Tone Bender Mk I und der sahnigen Sättigung eines Mark III Pedals.

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Der Beacon Fuzz (180 €) von Häh Audio ist ein Silikon-basiertes Pedal, mit reichlich Boostreserven im Ausgangssignal. Hier sind die meisten Komponenten auf einer Platine angeordnet – das Herzstück bilden zwei NOS Transistoren vom Typ 2N1711.

Das Beacon-Pedal reagiert vorbildlich auf den Volumenregler der Gitarre, weshalb man hier eine breite Palette von Sounds geboten bekommt – von quasi-Clean bis zur Vollzerre. Das Pedal verfügt über reichlich Ausgangsleistung, mit der man eigentlich jeden Röhrenamp zum Zerren bringt, auch obwohl das Pedal selbst beinahe clean gestellt ist. Ideale Vorraussetzungen für kreatives Gain-Stacking also.

Klanglich sitzt dieses Häh-Pedal genau in der goldenen Mitte zwischen bissig und cremig.

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Das Thunderbird Mk II Pedal von Laundromat (420 €) ist eine Version des legendären Sola Sound „Short Board“ Tone Bender Mk II. Den Kern der Schaltung bilden drei NOS Millard OC75 Germanium-Transistoren. Im Inneren finden sich erlesene Komponenten und akribische Handarbeit.

Laundromat benutzt speziell für die Firma hergestellte Gehäuse aus sehr dickem Guss. Das Thunderbird Mk II bietet zwei Regler – Attack (Fuzz) und Level (Ausgangslautstärke).

Dieser Laundromat-Effekt hat einen kräftig gesättigten Fuzzsound mit einem guten Anteil Biss.

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Das Laundromat Z-Bird (390 €) Pedal basiert auf dem relativ seltenen Zonk Machine Fuzz der britischen Firma JHS (John Hornby Skewes, nicht der amerikanische Hersteller JHS Pedals). Die Zonk Machine war eine Art Kreuzung des Maestro-Pedals und der Tone Bender Mk I, mit einem eher an den Bender erinnerten Klang.

Drei NOS Germanium-Transistoren (OC42N, OC74 & Texas Instruments) kommen in der Schaltung des Z-Birds zum Einsatz. Die Lochplatte, samt der Anordnung der Komponenten (z. B. „stehende“ Elektrolytkondensatoren), hält sich sehr dicht an das Original.

Der Zerrsound des Laundromat Z-Birds ist wie eine leicht höflichere Version der Tone Bender Mk I Pedals. Das Pedal gated schon recht kräftig zwischen den einzelnen Noten, aber der Sound ist etwas voller und weniger kratzig.

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Wie sich leicht aus dem Namen und dem Gehäuse des Otsola Mk I (495 €) schließen lässt, ist dieses Fuzzpedal eine High-End-Kopie eine Tone Bender Mk I. Drei Germanium-Transistoren bilden das Herzstück des Ossola Mk I – zwei Valvo OC75 und ein Texas Instruments 2G374. Das Gehäuse ist eine exakte Kopie des Originals, genau wie auch die Farbkombination.

Originale mitt-Sechziger Mark I Bender bekommt man heutzutage so ab ca. 7.000 Euro aufwärts. Das Otsola Mk I bietet einem also ein brandneues und wesentlich besser gebautes Effektpedal zu einem deutlich günstigeren Preis. Alles ist relativ…

Das Otsola Mk I bietet alle Features und klanglichen Details, auf die der Tone Bender Fan so richtig scharf ist. Ein stark gatender, aggressiver Fuzzsound, der einem die Noten geradezu ins Gesicht spuckt. Wenn man eine wildes und „gefährliches“ Fuzzpedal sucht, dann liegt man bei diesem Otsola genau richtig!

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Der Otsola OP.3 Fuzz (380 €) ist eine Boutique-Version des Tone Bender III/IV. Anfangs waren die Dreier- und Viererversion des Benders technisch baugleich, und unterschieden sich nur in der Gehäuseform. Spätere Vierer-Bender der 1970er baute man mit einer modifizierten Schaltung und Silikon-Transistoren.

Das OP.3-Pedal ist ein Germanium-Fuzz, dessen Schaltung auf drei Texas Instruments 2G377 Transistoren beruht. Ins Innere geschaut, gibt es im Grunde keine Unterschiede zwischen dem Original und der Otsola-Version, bis auf dass das neue Pedal deutlich sauberer gebaut ist.

Die entscheidende Verbesserung bei Dreier- und Vierer-Bender war die Einführung eines Klangreglers. Interessanterweise funktionierte dieser Regler genau andersherum, als man heute erwarten würde; also dumpf bei „fünf Uhr“ und grell bei „sieben Uhr. Der Tonregler des Otsola OP.3 Pedals verhält sich auch so.

Der fette und cremige Grundklang des Otsola OP.3 ist beinahe identisch mit dem EIKO Supa Jen. Der Klangregler im Otsola ermöglicht hier aber ein etwas breiteres Spektrum an Fuzz-Sounds.

Testbericht: Harley Benton DC-60 Junior

Hier ein Gitarrendemo, welches auf dem Who-Klassiker „Baba O’Reilly“ basiert.
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• Alle Gitarrenspuren wurden mit der Harley Benton DC-60 Junior aufgenommen (Setup und Saiten im Werkszustand)
• Gitarrenverstärker: Bluetone Shadows Jr (handgebauter finnischer Kombo) & Juketone True Blood (chinesischer Point-to-Point Tweed Champ Klon)
• Es wurden keine Effektpedale benutzt
• Mikrofon: Shure SM57
• Audiointerface: Universal Audio Volt 2

„Preisgünstig, aber gut – gibt’s sowas wirklich?“ ist eine Frage, die wir Gitarristen uns im Zeitalter der Billiggitarren und Versandhausmarken immer öfter stellen. Auf dem Papier sehen viele dieser supergünstigen Instrumente zum Anbeißen verlockend aus, aber wird da mehr versprochen, als zu den Niedrigpreisen wirklich gehalten werden kann?

Ich bin ein großer P-90-Fan, und stehe besonders auf die Junior-Modelle aus den 1950ern und 60ern des Hauses Gibson. Also beschloss ich „ins tiefe Wasser zu springen“, und einfach die Harley Benton DC-60 Junior von Thomann zu bestellen, um Genaueres heraus zu finden.

Die DC-60 Junior ist Harley Bentons Kopie einer Gibson SG Junior (oder TV, wenn sie weiß ist) aus den frühen Sechzigern. Je nach gewähltem Finish kostet dieses Modell zwischen 160 und 200 Euro.

Diese Harley Benton hat einen eingeleimten Hals und einen Korpus aus philippinischem Meranti (ein Mahagoni-ähnliches Holz).

Der Korpus der DC-60 Junior ist ca. 4 mm dicker als der des Originals. Harley Benton hat die Hörner ihres Modells auch leicht gegenüber dem Original modifiziert, um „Ärger“ mit Gibson Guitars zu vermeiden. Die klassische Pelham Blue Metallic-Lackierung ist sehr sauber ausgeführt.

Das Griffbrett der DC-60 Junior ist aus Amaranth – auch als Purple Heart bekannt – gefertigt. Es wirkt ab Werk etwas trocken.

Die 22 mittelgroßen Bünde sind sauber eingesetzt und gut nachbearbeitet. Die Gitarre war direkt aus dem Paket gut bespielbar. Der Griffbrettradius ist mit 350 mm/14 Zoll sehr Bending-freundlich.

Auf der Wirbelplatte finden sich anständig funktionierende Wilkinson-Stimmmechaniken mit weißen Plastikknöpfen im Vintagestil.

Die Volute – also die Verdickung am Übergang von der Kopfplatte zum eigentliche Hals – ist ein Gibson-Merkmal aus den Siebzigern, welches einem Abbrechen der Kopfplatte bei kleineren Stürzen vorbeugen soll.

Die Harley Benton DC-60 Junior bietet ein sehr sinnvolles Update als Standard:

Originale SG Juniors kamen die ersten zwei Jahre mit unkompensierten Wraparound-Brücken, und danach mit Wraparounds mit kleinen Stüfchen, die die Oktavreinheit voreingestellt haben. Die Oktavreinheit kann bei solchen Brücken nur ungefähr eingestellt werden, in dem man die Schrägstellung der Brücke mit den eingelassen Madenschrauben verändert.

Die Brücke dieses Harley Benton Modells ist eine wertige WSC-Partsland-Kopie einer Leo Quan Badass Brücke, die in den 1970ern gerade für Gibson Junior und Special Modelle entwickelt worden ist. Eine Badass-Brücke kombiniert die Vorteile einer Wraparound-Brücke (direkte Saitenansprache) mit den einzelnen Saitenreitern einer Gibson Tune-o-matic.

Einige andere Tester beklagen sich im Internet, dass diese Badass-Kopie unbequem scharfkantig unter der Hand liegt. Mir persönlich gefällt diese Brücke sehr gut, und ich habe keine Probleme mit dem Dämpfen.

„Junior“ bedeutet in der Gibson-Nomenklatur eine Elektrogitarre mit nur einem P-90-Tonabnehmer in Brückennähe.

Bei der DC-60 Junior handelt es sich um einen Roswell P-90 auf Basis von Alnico V Magneten. Der P-90 ist ein breiter, aber flacher Einspuler, der generell einen fetteren Sound anbietet, als man es zum Beispiel von einem typischen Stratocaster-Tonabnehmer gewohnt ist.

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Der Hals der Harley Benton DC-60 Junior liegt schön rund und vergleichsweise fett in der Hand. Das Halsprofil würde ein Gibson-Fan mit „1959er Profil“ bezeichnen. Einige bevorzugen auf SGs (und ihren Kopien) etwas flachere Hälse, aber mir gefällt’s; und für den Klang und das Sustain ist ein dickerer Hals auch gut.

Die Bespielbarkeit der DC-60 Junior ist Dank der guten Bundierung und brauchbaren Werkseinstellung „schnell“ und bequem.

Ein Minus erhält diese Gitarre aber doch von mir:

Durch einen marginal größeren Halswinkel ist der Tonabnehmer doch sehr weit von den Saiten entfernt (s. Bild weiter oben), was zu einem sehr dünnen und vergleichsweise leisen Output führt.

Ich habe, nachdem ich die Bilder für diesen Test gemacht hatte, den P-90 mit speziellen Unterlegern – sogenannten Shims – um 3,5 mm angehoben. Man bekommt solche Dogear-Shims im Fachhandel (z. B. Thomann), und der Einbau ist auch für Laien sehr einfach:

Man lockert (oder entfernt) zuerst die Saiten. Danach schraubt man den Tonabnehmer samt Kappe ab. Der Tonabnehmer wird dann durch den (oder die) Shim-Unterleger hindurch „gefädelt“, und zum Schluss wird der ganze Packen wieder an die Gitarre geschraubt.

Zumindest bei meiner DC-60 Junior waren die Schrauben für den P-90 sehr kurz, weshalb ich nach dem „Hochlegen“ längere Schrauben gleicher Dicke benutzen musste.

Wir hatten durch Zufall im Musikladen, in dem ich arbeite, eine echte 1964er Gibson SG TV (also eine weiße „Junior“) für ca. eine Woche zum Verkauf. Von der Bespielbarkeit war das Original etwas anders als die Billigkopie, weil die TV ein niedrigeres Halsprofil und flachere Bünde hatte. Klanglich allerdings kamen sich das Original und die Billigklampfe erstaunlich nahe – Dynamik, Biss und Wärme in perfekter Balance.

Im Fall der Harley Benton DC-60 Junior scheint die Gleichung „billig = gut“ aufzugehen.

Für sehr wenig Geld bietet einem die DC-60 Junior erstaunlich viel vom echten Charakter einer Gibson SG Junior. Der Klang und die Bespielbarkeit dieser Harley Benton geht absolut in Ordnung. Super!

Testbericht: Arvo Electric Guitar

„Ist es möglich, eine handgemachte finnische Gitarre zu einem Preis anzubieten, den sich ein durchschnittlicher Musiker leisten kann?“

Petri Matero, ein finnischer Gitarrist, bekam diesen Gedanken einfach nicht mehr aus seinem Kopf. Schlussendlich beschloss er der Sache auf den Grund zu gehen. Matero tat sich mit Teemu Korpi von Kanki Guitars zusammen, um zu versuchen, seine Idee in die Tat umzusetzen. Nach einer Menge Brainstorming, und einer Reihe von Prototypen, beschlossen Matero, Korpi und Juha Tolonen – ein in der Schweiz lebender Finne, der einen Boutique-Gitarren-Shop betreibt (Captain Sounds) – eine Firma zu gründen, die die die neue Gitarre an den Mann (und die Frau) bringen soll. Diese Firma heißt Arvo Guitars.

Im Geiste Leos, oder: „Keep it simple!“

Die Arvo Electric Guitar folgt der Grundidee Leo Fenders, Designs möglichst einfach und gradlinig zu halten. Die Arvo (Finnisch für „Der Wert“) ist nicht als vordergründiges Edelinstrument der Boutiqueklasse gedacht, welches dem Kunden eine Fülle von Custom-Optionen zur Auswahl anbietet. Dadurch, dass die Arvo nur in einer sehr begrenzten Auswahl von Farben angeboten wird, und dadurch, dass die drei Tonabnehmertypen, die für die Gitarre erhältlich sind alle die Humbuckermaße als Grundform haben, ist es den Machern möglich, die handgefertigte Arvo zu einem musikerfrendlichen Preis anzubieten.

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Die Arvo Electric Guitar (Grundpreis: 1.240 €) schafft das Kunststück, gleichzeitig frisch und klassisch auszusehen.

Um das Los des Musikers etwas zu erleichtern, wird bei Arvo genau auf das Gewicht der Instrumente geachtet. Alle Arvos wiegen nur um die zweieinhalb Kilo.

Der Korpus wird aus solider finnischer Pappel hergestellt, und hat eine Armabschrägung auf der Vorderseite. Pappel ist ein leichtes und resonantes Holz, welches auch aufgrund seiner gleichmäßigen Oberfläche relativ leicht zu lackieren ist. Die Arvo gibt es in vier Farben – rot, weiß, schwarz und grau.

Der Schraubhals ist aus wunderschönem westafrikanischen Mahagoni. Sein Finish ist offenporig matt gehalten.

Unser Testinstrument, ein Vorproduktionsmodell, hat Stimmmechaniken von Wilkinson, aber die „richtigen“ Serienmodelle werden mit Ratio-Tunern von Graph Tech ausgestattet sein. Der Sattel kommt auch von Graph Tech, und ist aus selbstschmierendem Black Tusq.

Walnuss mag als Griffbrettholz etwas ungewöhlich sein, sieht aber auf der Arvo toll aus. Die Bünde sind exzellent verarbeitet, mit einem besonderen Augenmerk auf extrem runden Bundenden.

Die Arvo ist eine E-Gitarre mit zwei Tonabnehmern. Die handgemachten Tonabnehmer werden in den Typen Humbucker, P-90 und Singlecoil angeboten, auch wenn alle Tonabnehmer von den Außenmaßen Humbuckern entsprechen. Der Kunde/die Kundin kann frei seine/ihre Lieblingskombination wählen.

Ein eventueller Wechsel von einem Arvo-TA-Typ zu einem anderen ist sehr schnell und einfach, da die Tonabnehmer mit Ministeckern, die in den Tonabnehmerfräsungen untergebracht sind, mit dem Rest der Elektronik verbunden sind. Einfach Saiten runter, TA raus und abgesteckt, neuer TA eingesteckt und wieder dran, und zum Schluss die Saiten wieder drauf. Fertig!

Die Brücke und der Saitenhalter mögen wie die üblichen koreanischen Hardware-Teile aussehen, aber sie sind in Wahrheit ResoMax-Teile von Graph Tech. Die ResoMax-Hardwareserie benutzt eine spezielle Metallegierung, von der Graph Tech behauptet, sie sei stabiler und klanglich wesentlich besser, als der traditionelle Zinkguss vieler anderer Hersteller. Ein Zusatzschmankerl sind die eingebetteten kleinen Magnete, die die Brücke und den Saitenhalter auch dann an ihren Plätzen halten, wenn man die Saiten abgenommen hat.

Auch im Hinblick auf die Regler gilt hier „Schlichtheit ist eine Tugend“. Es findet sich ein Telecaster-artiger Dreiwegschalter, ein Master Volume- und ein Master Tone-Regler, die allesamt auf eine schwarze Plastikplatte montiert worden sind.

Die Komponenten sind sauber verlötet, und die Abschirmung des Elektronikfachs ist gründlich ausgeführt.

Die Gitarre wird in einer gepolsterten Gigbag verkauft.

Arvo Guitars gibt dem ursprünglichen Käufer eine lebenslange Garantieauf sein/ihr Instrument. Pro verkaufter Gitarre spendet Arvo Guitars einen Betrag von 50 € auf das Konto der finnischen Sektion von Save the Children.

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Die Arvo Electric Guitar ist tatsächlich federleicht, und, dank ihres guten Designs, trotzdem nicht halslastig.

Weil die Entwickler darauf aus sind, dass die Arvo einen möglichst breiten Zuspruch erfährt, ist nicht nur das Aussehen der Gitarre, sondern auch das Halprofils möglichst klassisch ausgelegt. Wir haben es hier mit einem recht fleischigen C-Profil zu tun, ähnlich einer 1959 Les Paul Standard. So ein Profil ist gut für den Klang, und lässt sich auch sehr gut bei längeren Sessions ohne Ermüdung spielen. Der zwölf Zoll Griffbrettradius und die relativ schmalen, mittelhohen Bünde der Arvo geben der Gitarre ein sehr schnelles und genaues Spielgefühl.

Die resonanten Holzarten und die sehr wertige Graph Tech-Hardware geben der Arvo einen lauten, frischen und forschen akustischen Ton mit einem angenehm komplexen Sustain.

Verstärkt hängt natürlich ein großer Teil des Sounds von den gewählten Tonabnehmern ab: Mit zwei Humbuckern geht es super-cremig zur Sache, während Keef oder Andy Summers vielleicht eher einen Einspuler am Steg wählen würden.

Unsere Testgitarre ist mit zwei P-90ern bestückt, die uns dem saftig-aggressiven Ton von Pete Townshend (Live at Leeds oder Woodstock) oder dem frühen Carlos Santana sehr nahe bringen. Der Hals-TA ist warm und dreidimensional, die Zwischenstellung liefert leicht ausgehöhlten Funk, und der Brücken-TA hat Biss und Draht, ohne jemals zickig oder anstrengend kratzig zu klingen.

Dieser cleane Clip wurde über den lautsprechersimulierten Direktausgang eines Blackstar HT-1R Röhrencombos aufgenommen:

Für den Demosong habe ich meine Juketone True Blood und Bluetone Shadows Jr. Vollröhrencombos mit einem Shure SM57 aufgenommen. Alle Zerrsounds kommen authentisch von den Amps, ganz ohne Pedale. Für den Tremolopart im Song habe ich Bluetones nagelneues Harmonic Tremolo-Pedal eingesetzt.

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Meiner Meinung nach haben Arvo Guitars wirklich das geschafft, was sich Petri Matero und Teemu Korpi zum Ziel gesetzt haben. Die Arvo Electric Guitar ist eine handgemachte finnische E-Gitarre, die zu einem sehr moderaten Preis angeboten wird.

Die Arvo Electric Guitar ist kein Boutique-Zuckerpüppchen, das einen mit seinen äußeren Reizen (Flametop oder ausgefallenen Lackierungen) oder extrem esoterischen Tonabnehmern zu bezirzen versucht. Die Arvo ist ein qualitativ hochwertiges, aber äußerst gradliniges Werkzeug für den aktiven Musiker/die aktive Musikerin. Diese Gitarre will gespielt werden, egal ob live oder im Studio.

Ich fand die Arvo jedenfalls so gelungen, dass ich sie mir gekauft habe.

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Arvo Electric Guitar

Basisversion: 1.240 € (mit Gigbag); Duesenberg Les Trem optional (+ 150 €)

Hersteller: Arvo Guitars

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Plus:

+ finnische Handarbeit

+ gute Verarbeitung

+ exzellente Bundierung

+ Bespielbarkeit

+ Sound

+ günstiger PreisSave

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Produktdemo: Bluetone Ghost

Der finnische Gitarrist Kai Järvinen stellt den nagelneuen Bluetone Ghost vor.

Kai spielt eine Fender Custom Shop 1960 Stratocaster NOS und eine Gibson Custom Shop 1958 Les Paul Standard VOS.

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Bluetone Ghost

• Handgefertigt in Finnland

• Basiert auf einem alten Gibson-Verstärker, dem GA-8 Combo

• Ungefähr 8-10 W Ausgangsleistung

• High- und Low-Eingänge

• Regler für Volume und Tone

• Dreiwegschalter für Negative Rückkopplung/Aus/Booster

• Dreistufige Bluetone OPC-Schaltung

• Single-Ended Endstufe (6V6GT)

• Ein 12-Zoll Celestion Alnico Blue Lautsprecher

Mehr Info unter: http://www.bluetone.fi/ghost/

Testbericht: Bluetone Shadows Reverb Gitarrenkombo

Für viele Gitarristen ist der AC30 von Vox der ultimative Gitarrenamp schlechthin.

Den AC30 – ursprünglich für die Shados entwickelt – kennt man weltweit als den „Beatles-Verstärker“. Über die Jahrzehnte machten unzählige Gitarristen mit dem Komboklassiker Musik. Zu den bekanntesten gehören bestimmt Brian May (von Queen), Rory Gallagher und The Edge von U2.

Trotz ihres legendären Status sind alte Vox AC30s nicht ganz problemlose Verstärker:

Der Kombo ist mit zwei Zwölfzollern bestückt, die in einem recht großzügigen Gehäuse untergebracht sind, was den Klassiker schwer und schwer zu transportieren macht. Alte Originale haben auch keinen Mastervolumen-Regler, weshalb man Zerrsounds nur bei hohen Schalldrücken hervorgelockt bekommt – nichts für Auftritte in kleinen Restaurants oder bei Hochzeitsgigs. Bei alten AC30s sind außerdem alle Röhren – ja, auch die für die Endstufe – beinahe komplett von einem Metallgehäuse eingeschlossen. Das kann unter Umständen zu Hitzestaus führen, was dem Ampklassiker einen unzuverlässigen Ruf eingebracht hat.

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(Foto: Studiofreak/Photobucket)

Die finnische Boutique-Amp-Schmiede Bluetone hat kürzlich einen Kombo herausgebracht, der uns Gitarristen den Sound des Klassikers in kompakter Form offerieren will. Der neue Kombo heißt Bluetone Shadows Reverb, und er beinhaltet eine Reihe technischer Verbesserungen und moderner Detaillösungen.

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Der Bluetone Shadows Reverb (Preis der getesteten Version: 1.950 €) ist ein einkanaliger Vollröhrenverstärker mit Federhall. Der Kombo ist gedacht als moderne, kompaktere Version des „perfekten“ Top-Boost-Kanals.

Der Shadows Reverb läuft in Klasse AB, und bringt es auf eine Ausgangsleistung von 15 bis 30 Watt (abhängig von der Stellung des eingebauten Variac-Schalters).

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Das Kombogehäuse wird aus hochwertigem Sperrholz hergestellt. Der Shadows Reverb ist deutlich kleiner und weniger tief als sein Vorbild aus den Sechzigern.

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Zum größten Teil sind die kompakteren Maße ein Verdienst der kleineren Lautsprecher. Der Bluetone ist mit zwei Celestion Alnico Gold Zehnzöllern bestückt, während das Original zwei Zwölfzöller beherbergt.

Bluetone lässt die Lautsprecher des Shadows Reverb etwa ein dutzend Stunden an einem Oszillator angeschlossen laufen, um den fabrikneuen Lautsprechern ihre anfängliche Starre auszutreiben.

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Dieser Bluetone-Kombo hat drei Röhren des Typs 12AX7, sowie eine 12AT7 in seiner Vorstufe.

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Die Enstufe ist auf vier EL84-Röhren aufgebaut. Der Shadows Reverb ist ein Verstärker mit Kathoden-Bias, weshalb man ihn normalerweise beim Röhrenwechsel nicht neu einzumessen braucht.

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Obwohl der Bluetone Shadows Reverb „nur“ einen Kanal hat, bieted einem dieser Kombo eine erstaunlich breite Palette an verschiedenen Sounds, dank einiger spezieller Features in seiner Endstufe.

Der Shadows Reverb hat zwei Gitarreneingänge – Low und High – für Singlecoil- und Humbuckergitarren.

Der Zweiband-Equalizer ist eine Baxandall-Schaltung – mit ihren typisch-interaktiven Bass- und Diskantreglern. Zusätzlich gibt es noch einen dreistufigen Bass Cut -Schalter, bei dem man zwischen dem grellen Top-Boost-Sound und zwei fetteren Alternativen wählen kann.

Der röhrenverstärkte Federhall klingt einfach super. Der Hallregler lässt sich leicht und genau einstellen – von ganz trocken bis zu manischem Surf-Getöse.

Die Entstufe wird von drei Reglern kontrolliert:

Cut ist ein letzter, allgemein wirkender Diskantfilter.

Bluetone baut seine Master-Volume-Regler hinter dem Phasenumkehrer in die Signalkette ein, also praktisch direkt vor den Lautsprecher. Dies ermöglicht fette Endstufenzerrsounds bei Zimmerlautstärke, mit nur minimalen negativen Auswirkungen auf den Grundsound des Amps.

Wie schon anfangs erwähnt ist im Shadows Reverb auch ein Variac eigebaut. Obwohl der Variac auch die Lautstärke des Kombos senkt, funtioniert er anders als ein Masterregler. Per Variac ändert man die internen elektrischen Betriebsspannungen der Endstufenröhren, was den cleanen Headroom verkleinert und den Kombo stärker komprimieren lässt.

Aufgrund unerwarteten Kundeninteresses musste ich den Bluetone-Kombo leider deutlich früher als erwartet zurückgeben. Glücklicherweise hatte ich schon zwei Demotracks mit dem Shadows Reverb aufgenommen.

Der erste (unverzerrte) Demosong hat zwei Rhythmusgitarren – eine Fender Telecaster (linker Kanal) und eine Kasuga ES-335-Kopie aus den 1970ern (rechter Kanal). Die Sologitarre wurde mit einer Fender Stratocaster eingespielt. Alle Gitarrenspuren wurden mit einem AKG C3000 Kondensatormikro aufgenommen, welches ca. 80 cm vom Kombo entfernt stand:

Der zweite (angezerrte) Demosong ist komplett mit einer Stratocaster (und ohne zusätzliche Pedale) aufgenommen worden. Alle Spuren sind mit zwei Shure SM57 Mikrofonen (close) in stereo aufgenommen worden:

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Der Shadows Reverb von Bluetone ist eine ausgezeichnete Boutique-Amp-Variation des berühmten Vox-AC30-Themas. Wie alle Bluetones wird auch der Shadows Reverb in akribischer Handarbeit in Helsinki hergestellt. Die hohen technischen Standards der Firma spiegeln sich unter anderem im extrem geringen Rauschen und Netzbrummen des Kombos wider.

Dieser Kombo macht einfach Spaß. Der Bluetone Shadows Reverb hat einfach „diesen Sound“, von dem man einfach nicht genug bekommt. Der Bluetone ist nur halb so schwer wie ein AC30, und lässt sich – auch dank seiner geringeren Außenmaße – leicht in einem Kleinwagen verstauen.

Dank des Mastervolumereglers und der Variac-Schaltung macht der Shadows Reverb überall eine gute Figur – egal, ob zuhause, im Studio oder auf der Bühne.

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Bluetone Shadows Reverb

ab 1.700 € (Testversion: 1.950 €)

Hersteller: Bluetone Amps

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Pluspunkte:

+ finnische Handarbeit

+ kompakte Größe

+ reduziertes Gewicht

+ echter Federhall

+ Variac- und Master-Volume-Regler

+ Sound

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Testbericht: Gretsch Streamliner G2420T Hollow Body

Gretsch Streamliner G2420T – label

Gretsch Guitars haben kürzlich ihre neue Streamliner-Serie vorgestellt, die preislich unterhalb der Electromatic-Serie angesiedelt ist.

Momentan gibt es drei Grundmodelle in der neuen Serie:

Die G2622 Streamliner Center Block (gibt es auch linkshändig) ist eine Semiakustikgitarre mit einem durchgehenden Mittelblock, deren Styling an eine Country Gentleman Doublecut aus den Sechzigern erinnert. Die G2655 Streamliner Center Block hat ein ähnliches Design, aber mit einem größenmäßig abgespeckten Korpus. Unsere Testgitarre, die G2420 Streamliner Hollow Body, ist wiederum eine ausgewachsene Vollresonanzgitarre, die stark an Gretschs legendäre 6120 Hollow Body angelehnt ist.

Alle drei Modelle gibt es auch als T-Versionen mit Bigsby Lightning Vibratos. Die Streamliner-Serie wird in Handarbeit in Indonesien gefertigt.

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Gretsch Streamliner G2420T – full front from PS LRG

Die Gretsch Streamliner G2420T Hollow Body (ungefährer Preis ca. 550 €) sieht wesentlich teurer aus, als sie es tatsächlich ist.

Das Vibrato-Modell G2420T gibt es derzeit in Burgundy Red oder in Gold-Metallic, das Grundmodell (mit lyraförmigem Saitenhalter) bekommt man nur in dunklem Sunburst.

Gretsch Streamliner G2420T – back beauty

Der vollakustische Korpus der G2420T wird aus gepresstem Ahorn-Sperrholz hergestellt. Die Decke ist, in traditioneller Gretsch-Manier, mit zwei parallelen Holzstreben versteift (engl. parallel bracing).

Der Hals ist aus Nato – einem asiatischen Holz, welches vom Aussehen her an Mahagoni erinnert – und in der Korpus eingeleimt.

Gretsch Streamliner G2420T – headstock

Die Streamliner Hollow Body macht optisch richtig was her – zusätzlich zum Binding am Korpus, gibt’s auch ein eingefasstes Griffbrett und Binding an der eleganten Kopfplatte.

Gretsch Streamliner G2420T – tuners

Die neue Gretsch wartet mit einem qualitativ hochwertigem Satz verkapselter Stimmmechaniken auf.

Gretsch Streamliner G2420T – fretboard

Die Bundierung ist sehr sauber ausgeführt. Das Streamliner-Modell hat vintage-mäßige, kleine Bünde. Die Griffbretteinlagen der G2420T sind große Rechtecke aus Perloid.

Gretsch Streamliner G2420T – Bigsby B60

Die günstigere Lightning-Serie von Bigsby wird unter Lizenz in Asien hergestellt. Das Bigsby B60 ist speziell für den Gebrauch auf Jazzgitarren mit tiefem Korpus gedacht.

Gretsch Streamliner G2420T – Adjustomatic bridge

Die Adjusto-matic-Brücke dieser Streamliner-Gitarre wirkt auf den ersten Blick wie eine traditionelle, also freistehende Brücke. Gretsch macht uns Gitarristen aber das Leben einfacher, weil diese Brücke gegen unbeabsichtigtes Verschieben gesichert ist. Die zur Höhenverstellung benötigten Gewindestangen ragen nämlich unter dem Palisanderfuß heraus, und greifen in in den Korpus gebohrte passende Vertiefungen. So kann weder im Eifer des Gefechts auf der Bühne, noch beim Saitenwechsel etwas verrutschen.

Gretsch Streamliner G2420T – Broad'Tron pickups

Der deutlichste Unterschied zwischen der Streamliner G2420T und ähnlichen Modellen aus den Electromatic- und Pro-Modellreihen findet sich in den Tonabnehmern:

Abhängig vom Modelltyp, finden sich auf einer Gretsch Pro G6120 Hollow Body entweder DeArmond Dynasonic Einspuler, Gretsch Filter’Tron Humbucker oder ähnliche Tonabnehmer aus dem Angebot von Tonabnehmerspezialist TV Jones. Neuere Electromatic G5420 Modelle sind mit Gretsch Black Top Filter’Tron Tonabnehmern ausgestattet, die asiatische Lizenzkopien der Originale sind.

Die neuen Streamliner-Gitarren stellen einen neuen Tonabnehmer-Typ vor, den Gretsch Broad’Tron Humbucker. Die Broad’Tron Pickups haben – anders als Filter’Trons – die volle Humbucker-Größe, und einen Sound, der einen Zwischenweg zwischen der Wärme von herkömmlichen PAF-artigen Zweispulern und dem Biss von Filter’Trons gehen soll.

Gretsch Streamliner G2420T – controls

Die Anordnung der Regler auf der G2420T ist typisch Gretsch:

Unterhalb des F-Lochs finden sich je ein Volumenregler pro Tonabnehmer, sowie eine gemeinsame Klangblende. Dazu gibt es noch einen Master Volume Regler beim Cutaway.

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Gretsch Streamliner G2420T – body beauty 2

Ich kann nur noch einmal betonen, das mich die Verarbeitung dieser günstigen Gretsch wirklich voll überzeugt hat! Dabei handelte es sich nicht um ein vom nordischen Vertrieb (Fender Scandinavia) bereitgestelltes (und „getuntes“) Testinstrument, sondern um eine Gitarre, die ich selbst direkt im Laden von der Wand genommen habe (vielen Dank an DLX Music Helsinki).

Die Gretsch G2420T Streamliner Hollow Body ist sehr sauber verarbeitet, und gibt einem keinen Anlass zu irgendwelchen Beanstandungen (besonders in Anbetracht des musikerfreundlichen Preises). Die saubere Bundierung bildet die Basis für die flotte Bespielbarkeit dieses Instruments.

Aus irgendeinem Grund nennt Gretsch diese Halsprofil „Thin U“; ich würde eher von einem satten D mit leicht abgeflachtem Rücken sprechen.

Das Bigsby B60 läuft butterweich und hält die Stimmung bei „normaler“ Benutzung recht gut (ein Bigsby ist eigentlich nie eine gute Wahl für Leute mit „goldenem Gehör“). Da ein Bigsby B6/B60 ohne die zusätzliche Umlenkrolle der anderen Bigsby-Vibratos auskommt, spricht das B60 leichter an und ist (in positiver Hinsicht) direkter im Gebrauch. Man bekommt hier also mit sehr wenig „Aufwand“ das legendäre Bigsby-Schimmern geboten.

Der unverstärkte Klang der Streamliner Hollow Body ist typisch für „Jazzmütter“ aus gesperrtem Ahorn – sehr offen, mittenbetont und trocken.

Meiner Meinung nach geht Gretschs Konzept, die Streamliner-Serie mithilfe der Broad’Trons stärker in den Mainstream zu rücken, voll auf. Nein, von den Broad’Trons kann man nicht den perlig-krispen, manchmal auch schneidenden Ton von Filter’Tron Pickups erwarten, aber es finden sich hier dennoch genügend schmatzende Präsenzen für einen gretschigen Sound.

Dank des „breiteren“ Klangs der Tonabnehmer, kann man die Gretsch G2420T auch sehr gut als traditionelle Jazzgitarre einsetzen, über die sonst übliche reine Country- und Rockabilly-Schiene hinaus. Dieser Clip fängt mit dem Hals-TA an:

Die Streamliner Hollow Body macht auch bei leichter Zerre eine gute Figur. Das Verhältnis zwischen Bassregister und Diskant ist bei der G2420T angenehm ausgewogen, und die Ansprache der Gitarre knackig-direkt (was typisch für eine Vollresonanzgitarre ist).

High-Gain-Distortion und/oder extreme Schalldrücke auf der Bühne führen aber – früher oder später – unabdinglich zu jaulendem Feedback. Die ist aber keine Macke, sondern eher eine eingebaute Eigenschaft von Gitarren dieser Art; und in dieser Hinsicht ist die Streamliner Hollow Body auch nicht „problematischer“ als andere Instrumente des gleichen Typs.

Auch das Zerrsound-Beispiel wurde mit einem Blackstar HT-1R Röhrenkombo aufgenommen:

Hier noch die Audiospur vom Youtube-Video. Die Gitarrenspuren wurden hier mit den Amp-Plugins von Apples Garageband aufgenommen. Die Sologitarre benutzt den Brücken-TA, während die Rhythmusgitarren beide Pickups (linker Kanal) oder den Hals-TA (rechter Kanal) benutzen:

Gretsch Streamliner G2420T – body beauty 1c

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Gretsch Streamliner G2420T – beauty shot

Meiner Meinung nach ist die Gretsch Streamliner G2420T Hollow Body eine der besten „vollfetten“ Archtopgitarren dieser Preisklasse – vielleicht sogar die Beste! Wir haben es hier mit einem überraschend hochwertigen Instrument zu tun, welches einem mehr bietet als man bei dem Preis erwartet.

Wenn du den „echten Gretsch-Sound“ ohne Abstriche suchst, würde ich dennoch empfehlen, sich an die (deutlich teurere) Electromatic-Serie mit ihren Filter’Tron Pickups zu halten. Die haben einfach den richtigen Biss.

Eines der Hauptziele der Streamliner-Serie ist aber, Gretsch-Gitarren einem breiteren (und jüngeren) Publikum schmackhaft zu machen, und da haben die fetteren Broad’Tron Tonabnehmer einfach die Nase vorn!

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Gretsch Streamliner G2420T Hollow Body

Preis ca. 550 €

Hersteller: Gretsch Guitars

Ich möchte mich herzlich bei DLX Music Helsinki für die Bereitstellung der Testgitarre bedanken!

Pluspunkte:

+ Preis-Leistungs-Verhältnis

+ Verarbeitung

+ Bundierung

+ gesicherte Brücke (s. Artikel)

+ Bigsby B60

+ Sound