Testbericht: Acht handgemachte Fuzzpedale aus Finnland

Hier ein Demosong mit acht handgemachten finnischen Fuzzpedalen.
EIKO Electric Sound – Harvest Drive
EIKO Electric Sound – Supa Jen
HÄH Audio – Beacon Fuzz
HÄH Audio – Anti-Fuzz Ukraine Edition
OTSOLA – Mark I
OTSOLA – OP.3
LAUNDROMAT – Z-Bird
LAUNDROMAT – Thunderbird Mark I
• Gitarre – Fender Japan 60s Stratocaster
• Gitarrenverstärker – Bluetone Black Prince Reverb
• Bass – Höfner 500/1 Beatle Bass
• Bassverstärker – Bluetone Bass 200
• Mikrofon – Shure SM7B
• Mikrofonverstärker – Cranborne Audio Camden EC2

Die meisten Klassiker-Fuzzpedale aus den 1960ern verbauen eine erstaunlich kleine Anzahl von elektronischen Komponenten – ein paar Transistoren, einige Widerstände und noch ein paar Kondensatoren. Man kann heutzutage einige in Massenproduktion hergestellte Fuzzeffekte schon für deutlich weniger als 100 Euro kaufen. Warum also geben einige Klangästhetiker hunderte von Euro für Boutiquepedale aus?

Der Preisunterschied beruht auf mehreren Dingen:

Massengefertigte Pedale werden mit massengefertigten Platinen hergestellt, bei denen die Verbindungen zwischen den Komponenten schon fertig in die Platine eingebaut sind. Bei der Mehrzahl solcher Pedale wird die Platine entweder komplett, oder zumindest teilweise, vom Roboter mit den Komponenten bestückt. Zumeist sind auch die Lötarbeiten komplett automatisiert. Der ganze Prozessablauf ist so schnell und preisgünstig, dass auch die eine oder andere defekte Platine, die in der Qualitätskontrolle ausgemustert wird, nicht wirklich ins Geld geht.

Auch die Auswahl der einzelnen Bauteile wird nach preislichen Gesichtspunkten durchgeführt – die Qualität und die Toleranzen jedes einzelnen Bauteils sind hier eher zweitrangig.

Ein echtes Boutique-Pedal wird in Handarbeit gefertigt. Jedes einzelne Bauteil wird sorgfältig ausgesucht, und oftmals auch elektronisch geprüft und gemessen. Die Komponenten werden entweder direkt miteinander verlötet – der Engländer nennt so etwas Point-to-Point – oder auf gelochten Platinen verbaut. Wenn vorverdrahtete Platinen zum Einsatz kommen, sind diese qualitativ hochwertige, speziell für den jeweiligen Hersteller gefertigte Leiterplatten. Hier steht also eindeutig die Qualität vor dem Preis.

Einige kleinere Hersteller benutzen sogar eigene Gehäuse für ihre Fuzzpedale. Das Finish ist auf jeden Fall Handarbeit. Auch das spielt sich natürlich im Preis wider.

Im letzten Schluss bezahlt man bei Boutique-Pedalen auch für die Erfahrung, die der Hersteller in seine Schöpfungen einfließen lässt. Er (oder sie) weiß, mit welchen Komponenten und mit welchen Einstellungen man aus dem Fuzz den „besten Sound“ heraus kitzelt.

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Der EIKO Harvest Drive V2 (349 €) ist ein besonderes Fuzzpedal, denn es ist ein milder Fuzz. Die Begriffe „mild“ und „Fuzz“ tauchen selten nebeneinander im selben Satz auf, aber der Harvest Drive bleibt für sich alleine genommen – abhängig von der benutzen Gitarre – eher im Overdrive-Bereich.

Beim Harvest Drive handelt es sich um einen Hybrid-Fuzz, d. h. es mischt einen Germanium-Transistor (OC141) mit einem Silikon-Transistor (BC107B). Der Effekt bietet drei Regler – Gain (Stärke der Verzerrung), Filter (also Klang) und Level (Ausgangslautstärke).

Der Clue hinter dem Harvest Drive ist, dass man das Pedal mit einem Overdrive-Pedal oder einer Distortion-Zerre so kombinieren kann, dass der Harvest Drive dem Klang einen ordentliche Schuss Fuzz-artigen Rotz beimischt. Diese Idee ist ungewöhnlich, funktioniert aber im Gebrauch sehr gut!

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Das klangliche Vorbild des EIKO Supa Jen (389 €) ist der legendäre Marshall SupaFuzz, der seinerseits eine Weiterentwicklung den Tone Bender Mk II Pedals war. Das Supa Jen basiert auf drei Silikon-Transistoren vom Typ SFT3XX, die dafür sorgen, das der Sound ordentlich fett, gesättigt und komprimiert rüber kommt.

Dieses EIKO-Pedal hat ein besonderes As im Ärmel; im Inneren des Pedals befindet sich ein kleiner Kippschalter, mit Hilfe dessen man wählen kann, ob das Supa Jen im Bass authentisch dünner, oder modern fetter, klingen soll.

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Häh Audios Anti-Fuzz Ukraine Edition (180 €) kombiniert ein cooles Fuzzpedal mit der Möglichkeit, die UN-Organisation UN Women in der Ukraine zu unterstützen. Vom Verkaufspreises des Fuzzpedals gehen nämlich ganze 100 Euro (!) an UN Women. Eine tolle Idee, wie ich finde.

Der Häh Anti-Fuzz orientiert sich am Tone Bender 1.5, aber hier steckt hinter dem Sound eine Hybridschaltung mit einem Silikon-Transistor (BC161) und einem NOS Germanium-Transistor (AC128).

Das Anti-Fuzz ist ein äußerst geradliniges Effektpedal – ein kompaktes Gehäuse und zwei Regler (Fuzz und Level), mehr braucht man hier nicht.

In Punkto Zerrsound ist das Häh Anti-Fuzz ein totaler Volltreffer. Klanglich liegt der Effekt zwischen dem kantig-zickigen Tone Bender Mk I und der sahnigen Sättigung eines Mark III Pedals.

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Der Beacon Fuzz (180 €) von Häh Audio ist ein Silikon-basiertes Pedal, mit reichlich Boostreserven im Ausgangssignal. Hier sind die meisten Komponenten auf einer Platine angeordnet – das Herzstück bilden zwei NOS Transistoren vom Typ 2N1711.

Das Beacon-Pedal reagiert vorbildlich auf den Volumenregler der Gitarre, weshalb man hier eine breite Palette von Sounds geboten bekommt – von quasi-Clean bis zur Vollzerre. Das Pedal verfügt über reichlich Ausgangsleistung, mit der man eigentlich jeden Röhrenamp zum Zerren bringt, auch obwohl das Pedal selbst beinahe clean gestellt ist. Ideale Vorraussetzungen für kreatives Gain-Stacking also.

Klanglich sitzt dieses Häh-Pedal genau in der goldenen Mitte zwischen bissig und cremig.

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Das Thunderbird Mk II Pedal von Laundromat (420 €) ist eine Version des legendären Sola Sound „Short Board“ Tone Bender Mk II. Den Kern der Schaltung bilden drei NOS Millard OC75 Germanium-Transistoren. Im Inneren finden sich erlesene Komponenten und akribische Handarbeit.

Laundromat benutzt speziell für die Firma hergestellte Gehäuse aus sehr dickem Guss. Das Thunderbird Mk II bietet zwei Regler – Attack (Fuzz) und Level (Ausgangslautstärke).

Dieser Laundromat-Effekt hat einen kräftig gesättigten Fuzzsound mit einem guten Anteil Biss.

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Das Laundromat Z-Bird (390 €) Pedal basiert auf dem relativ seltenen Zonk Machine Fuzz der britischen Firma JHS (John Hornby Skewes, nicht der amerikanische Hersteller JHS Pedals). Die Zonk Machine war eine Art Kreuzung des Maestro-Pedals und der Tone Bender Mk I, mit einem eher an den Bender erinnerten Klang.

Drei NOS Germanium-Transistoren (OC42N, OC74 & Texas Instruments) kommen in der Schaltung des Z-Birds zum Einsatz. Die Lochplatte, samt der Anordnung der Komponenten (z. B. „stehende“ Elektrolytkondensatoren), hält sich sehr dicht an das Original.

Der Zerrsound des Laundromat Z-Birds ist wie eine leicht höflichere Version der Tone Bender Mk I Pedals. Das Pedal gated schon recht kräftig zwischen den einzelnen Noten, aber der Sound ist etwas voller und weniger kratzig.

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Wie sich leicht aus dem Namen und dem Gehäuse des Otsola Mk I (495 €) schließen lässt, ist dieses Fuzzpedal eine High-End-Kopie eine Tone Bender Mk I. Drei Germanium-Transistoren bilden das Herzstück des Ossola Mk I – zwei Valvo OC75 und ein Texas Instruments 2G374. Das Gehäuse ist eine exakte Kopie des Originals, genau wie auch die Farbkombination.

Originale mitt-Sechziger Mark I Bender bekommt man heutzutage so ab ca. 7.000 Euro aufwärts. Das Otsola Mk I bietet einem also ein brandneues und wesentlich besser gebautes Effektpedal zu einem deutlich günstigeren Preis. Alles ist relativ…

Das Otsola Mk I bietet alle Features und klanglichen Details, auf die der Tone Bender Fan so richtig scharf ist. Ein stark gatender, aggressiver Fuzzsound, der einem die Noten geradezu ins Gesicht spuckt. Wenn man eine wildes und „gefährliches“ Fuzzpedal sucht, dann liegt man bei diesem Otsola genau richtig!

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Der Otsola OP.3 Fuzz (380 €) ist eine Boutique-Version des Tone Bender III/IV. Anfangs waren die Dreier- und Viererversion des Benders technisch baugleich, und unterschieden sich nur in der Gehäuseform. Spätere Vierer-Bender der 1970er baute man mit einer modifizierten Schaltung und Silikon-Transistoren.

Das OP.3-Pedal ist ein Germanium-Fuzz, dessen Schaltung auf drei Texas Instruments 2G377 Transistoren beruht. Ins Innere geschaut, gibt es im Grunde keine Unterschiede zwischen dem Original und der Otsola-Version, bis auf dass das neue Pedal deutlich sauberer gebaut ist.

Die entscheidende Verbesserung bei Dreier- und Vierer-Bender war die Einführung eines Klangreglers. Interessanterweise funktionierte dieser Regler genau andersherum, als man heute erwarten würde; also dumpf bei „fünf Uhr“ und grell bei „sieben Uhr. Der Tonregler des Otsola OP.3 Pedals verhält sich auch so.

Der fette und cremige Grundklang des Otsola OP.3 ist beinahe identisch mit dem EIKO Supa Jen. Der Klangregler im Otsola ermöglicht hier aber ein etwas breiteres Spektrum an Fuzz-Sounds.

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