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Marshalls DSL5C-Combo ist das jüngste und kleinste Mitglied der DSL-Serie.
Die Ursprünge der DSL-Serie reichen bis ins Jahr 1997 zurück, als Marshall ihr (inzwischen legendäres) JCM2000 Dual Super Lead Topteil vorstellten. Der JCM2000 war der erste Marshall-Verstärker, der sowohl einen klassischen Plexi-Kanal, als auch einen modernen Ultra Gain -Kanal, in einem Paket anbot.
Die ursprüngliche DSL-Serie war bis 2007 in Produktion, und wurde danach von der JVM-Modellreihe abgelöst. Die neue, überarbeitete DSL-Serie bietet jetzt einen günstigen Einstieg in Vollröhrenamps, denn sie wird in Marshalls eigener Fabrik in Vietnam hergestellt.
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Wie aus dem Namen unschwer ersichtlich ist, handelt es sich beim Marshall DSL5C (Preis in Finnland ca. 500 €) um einen zweikanaligen Comboverstärker mit fünf Watt Ausgangsleistung.
Was das Aussehen und die Verarbeitung angeht, handelt es sich bei diesem Kleinen tatsächlich um einen vollblütigen Marshall. Die Qualitätskontrolle in der vietnamesischen Fabrik muss genauso stringent sein, wie im britischen Haupthaus. Der DSL5C sieht klasse aus, und er wirkt sehr robust und vertrauenserweckend.
Der DSL5C hat ein offenes Lautsprechergehäuse. Die obere Öffnung in der Rückwand ist mit einem Metallgitter abgesichert, damit man nicht versehentlich in die heißen Röhren greifen kann.
Dieser kleine Marshall ist in der Vorstufe mit drei Röhren bestückt (ECC83/12AX7), während die Endstufe mit einer einzigen Röhre auskommt (ECC99/12BH7).
Der Lautsprecher des DSL5C-Combos ist ein Celestion Ten 30 mit zehn Zoll Durchmesser. Wir können uns also auf fette, warme Bässe und den legendären Celestion-Crunch mit gutem Biss gefasst machen.
Dieser kompakte Combo wiegt nur knappe fünf Kilo – er lässt sich also leicht mit dem mit Gummi bezogenen Griff transportieren.
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Der Marshall DSL5C ist ein Vollröhrenteil mit zwei Kanälen:
Kanal 1 – genannt Classic Gain – ist im Sound und Gainverhalten dem legendären Marshall 1959 -Topteil nachempfunden. Der Classic-Kanal fängt mit frischen, perlenden Cleansounds an, und hört bei den klassischen Zerrsounds der Siebziger auf. Aber Vorsicht: Dieser Kanal hat keinen Mastervolumen-Regler, weshalb das Zerrsounds nur bei (relativ) hohen Lautstärken möglich sind – außer man bedient sich des Power Mode -Schalters (s. weiter unten im Text).
Der zweite Kanal – Ultra Gain – liefert einem das volle, moderne High Gain -Zerrbrett mit saftiger Kompression.
Beide Kanäle teilen sich den 3-Band EQ des Combos, was natürlich bedeutet, dass man einen leichte Kompromisse bei der Klangreglung eingehen muss. Glücklicherweise ist das Voicing der zwei Kanäle beim Marshall DSL5C schon so ausgerichtet, dass der gemeinsame EQ kein wirkliches Problem darstellt.
Wenn man den Tone Shift -Knopf hereindrückt, bekommt man einen in den Mitten ausgedünnten, etwas aggressiveren Sound, der ideal für zeitgemäße Metal-Stile ist. Der Deep-Knopf wiederum gibt dem Klangbild mehr Bässe, also einen fetteren Ton.
Auf der Rückseite des Combos befindet sich der Anschluss für den mitgelieferten Kanalschalter (s. unten), sowie die Effektschleife des DSL5Cs.
Ein klasse Bonus dieses kleinen Marshalls ist der eingebaute Direktausgang (mit Lautsprechersimulation), dessen genaue Funktion von der Stellung des Power Mode -Schalters abhängt:
Im Full Power -Modus liegt am Direktausgang ein Line-Pegel-Signal an, welches man direkt an ein Mischpult (oder anderes Recording-Equipment) anschließen kann. Bei Full Power bleibt der eigene Lautsprecher des Combos angeschaltet, auch wenn man einen Stecker in den Direktausgang gesteckt hat. Im Low Power -Modus (die Bedienungsanleitung spricht von einem halben, die Webseite von einem Watt Leistung) fällt der Pegel auf ein für Kopfhörer passendes Level. Wenn man Kopfhörer an den Combo anschließt, wird der Lautsprecher automatisch abgestellt. Der Aux-Eingang funktioniert nur bei Low Power, und sein Eingangssignal wird dem Kopfhörersignal zugefüttert.
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Meiner Meinung nach ist der Marshall DSL5C ein fantastischer kleiner Rock- und Metal-Combo, der sowohl im Wohnzimmer, als auch im Studio, bei kleineren Proben, und als Backstage-Amp zum Aufwärmen eine sehr gute Figur macht.
Mein einziger, kleiner Kritikpunkt betrifft den Direktausgang des Testgeräts, welcher schon etwas stärker rauschte, als ich das von anderen, ähnlichen Verstärkern her gewöhnt bin. Glücklicherweise ließ sich das Rauschen zum allergrößten Teil bei der Aufnahme mit dem EQ des Sequencers weg regeln. Es ist auch möglich, dass der Direktausgang des Testgeräts vielleicht eine kleine Macke hatte.
Die beiden Kanäle des DSL5Cs bieten einem ein breites Spektrum an tollen Rock-, Metal- und Thrash-Sounds. Dabei hat der Power-Modus einen direkten Einfluss auf den Sound und vor allem die Gainstruktur der Klänge. Der Low Power -Modus senkt nämlich nicht nur den Lautstärkepegel, sondern lässt das Gitarrensignal auch viel früher komprimieren. Dies bedeutet, dass man mit dem Power Mode -Schalter zwischen sehr tighten (Full Power) und eher schmatzend-saftigen Sounds (Low Power) wählen kann.
Alle folgenden Klangbeispiele habe ich im Full Power -Modus aufgenommen, damit es einfacher ist den Mikrofonsound und das Lautsprecher-Modelling des Direktausgangs miteinander zu vergleichen.
Es geht los mit meiner (Maple Neck) Stratocaster und einer Clean-Einstellung im Classic-Kanal (aufgenommen mit einem Shure SM57):
…und hier ist der gleiche Clip mit dem Sound vom Direktausgang:
Weiter geht’s mit dem Classic-Kanal und dem Halshumbucker meiner Hamer USA Studio Custom (SM57):
…und hier das gleiche Stückchen per Direktausgang:
Hier hört ihr meine Strat und den Ultra-Kanal (Tone Shift: aus); aufgenommen mit dem SM57:
…und hier ist das Gegenstück aus dem Direktausgang:
Jetzt noch meine Hamer (in Drop-D-Stimmung) über den Ultra-Kanal (Tone Shift: an), und mit dem Mikrofon abgenommen:
…und als letztes die Direktversion:
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Marshalls „knuddeliger und süßer“ DSL5C-Combo ist sowohl eine klasse Wahl als erster Röhrenamp („My First Marshall“), als auch ein Präzisionswerkzeug für solche Situationen, in denen eine große Ausgangsleistung ein echtes Problem darstellen würde (z. B. im Wohnzimmer oder im Projektstudio).
Der DSL5C ist ein waschechter, aber trotzdem sehr kompakter, Vollröhren-Marshall mit dem legendären Rock-Sound dieser Marke. Dank der Fertigung in Vietnam, ist das Preisschild sehr musikerfreundlich ausgefallen – toll!
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Marshall DSL5C
Preis in Finnland z. Zt. ca. 500 €
Finnischer Vertrieb: EM Nordic
Herzlichen Dank an DLX Music Helsinki für das Bereitstellen des Testgerätes!
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Plus:
+ Preis-Leistungs-Verhältnis
+ Fertigungsqualität
+ Sound
+ Power Mode -Schalter
+ Direktausgang mit Lautsprechersimulation
+ Fußschalter im Preis inbegriffen
Minus:
– Direktausgang rauscht etwas (s. Testbericht)